Vielfalt dank Ganzheit. Tönt ja alles wunderbar. Friede, Freude, Eierkuchen. Was aber geschieht, wenn zwei Unstimmigkeiten haben und aneinandergeraten? Wie gehen wir mit Personen in der Community um, welche die Werte plötzlich willentlich missachten. Wir gehen wir damit um, dass wir zwar das Gute tun möchten aber es oft nicht schaffen?
Der Grundsatz der „Einheit“ beschäftigt sich mit der Frage, wie man eine Einheit leben kann, welche nicht auf Konformität, sondern auf Vielfalt beruht und wie man mit daraus resultierenden Spannungen umgehen kann. Das Ziel ist nicht, einen konfliktfreien Ort zu schaffen sondern einen Ort, an dem würdevoll gekämpft werden kann.
Weil es bei der Selbstorganisation keinen Chef mehr gibt, werden Meinungsverschiedenheiten mittels definiertem Prozess untereinander gelöst. Das Ziel ist es dabei die Einheit zu bewahren oder wiederherzustellen. Solche Prozesse machen es auch leichter, Probleme anzusprechen und Meinungsverschiedenheiten zu besprechen. Dabei sollen sich die involvierten Personen sicher fühlen dürfen, Probleme anzusprechen und mitzuarbeiten, dass es zu einer Übereinkunft kommt. Dies ist Ausdruck von Verantwortung gegenüber der Einheit der Community und Wertschätzung sich selber und der anderen Person gegenüber.
Der Prozess zum Lösen Zwischenmenschlicher Konflikte gleicht sich in Firmen mit Selbstorganisation weitgehend und geht immer von der Verantwortung und Kompetenz der Mitarbeiter aus. Er folgt drei Grundsätzen und drei einfachen Schritten.
Zu viele Beziehungen leiden unter einem „schmollenden“ Ego. Weil die eigene Idee nicht durchgekommen ist und das Ego Schaden genommen hat, werden bewusst oder unbewusst andere Ideen nun ebenfalls verhindert. Das bewusste Ablegen von solchen Ideen ist ein wichtiger Akt, dass diese nicht zu Konflikten führt.
Dark Horse in Berlin führt darum sogenannte „Kill your Darling“-Zeremonien durch um damit Wertschätzung gegenüber dem Ideengeber und der Idee auszudrücken – aber diese auch klar zu verabschieden.
„Um Wertschätzung und Ergebnisfokus für nichtverwendete Ideen unter einen Hut zu bringen, haben wir zum Beispiel eine kleine “Kill your Darling”-Zeremonie entwickelt. Gemeinsam tragen wir Ideen, die sich in der Gruppe oder im Nutzertest nicht durchsetzen konnten, zu Grabe. Der grösste Fan der Idee darf eine kleine Ansprache halten und noch einmal betonen, wie gut er sie fand. Schliesslich wird die Idee feierlich zerstört und ist damit für immer von uns gegangen.“ (Dark Horse, Thank God It’s Monday, S. 191)
An der ESBZ Schule in Berlin, trifft sich jede Klasse wöchentlich zu einer festgesetzten Zeit, um über die Spannungen in der Gruppe zu sprechen und nach Lösungen zu suchen. Das Treffen wird von einem Schüler moderiert, der auf einige Grundregeln achtet, damit das Gespräch sicher ist (Frederic Laloux, Reinventing Organizations, Deutsche Ausgabe, S. 167)
„Bei den Heiligenfeld-Kliniken gibt es bei Sitzungen immer jemanden, der die Zimbel läuten darf – falls nötig. Die Zimbel hat einen wunderbaren, kristallklaren Klang. Immer wenn die Person das Gefühlt hat, dass die Grundregeln in der Sitzung nicht beachtet werden oder dass das Meeting mehr den Egos als dem eigentlichen Sinn dient, kann die Mitarbeitende die Zimbel erklingen lassen. Die Regel ist dann, dass niemand sprechen darf, bis der Klang der Zimbel nicht mehr hörbar ist – was überraschend lange dauert. Während der Stille können die Teilnehmenden über die Frage reflektieren: „Diene ich mit meinen Beiträgen dem Thema, das wir besprechen, und dem Sinn der Organisation.“ Für die Mitarbeiter ist diese Praxis so selbstverständlich, dass allein schon das Aufnehmen der Zimbel ausreicht, um ein Meeting wieder in die richtigen Bahnen zu lenken.“ (Ebd. S. 165) Mit dieser einfachen Zimbel wird eine Non-Ego Sitzungsatmosphäre geschaffen, welche Konflikte früh verhindert und die Einheit wiederherstellt indem man die Gruppe wieder auf das gemeinsame Ziel ausrichtet